Flügel gestutzt oder 'Ode an die Freude'


Wenn du wissen möchtest was an einem gestutzten Flügel ein Grund zur Freude sein soll, dann erfährst du es im nachfolgenden Beitrag.
Wenn einem Vogel die Flügel gestutzt werden, wie das in vielen Zoos passiert, um die Tiere in offenen Gehegen präsentieren, ohne dass sie davonfliegen können, dann handelt es sich eigentlich um eine Art Freiheitsberaubung. Aber ein gestutzter Flügel muss nicht immer etwas Negatives bedeuten. Der KÖML Tegetthoff wurden nämlich im März „Flügel verliehen“ – oder richtiger gesagt ein Stutzflügel geschenkt. Dieses prachtvolle Stück verdanken wir Frau RegR Karin Kantz und ihrem Gatten.
Zuerst war ich mehr als skeptisch, als Bb Ivo von einem Klavier berichtete, das eine liebe Kollegin von ihm der Verbindung zur Verfügung stellen wolle. Der Transport, die klimatischen Bedingungen auf der Bude und zuletzt der Mangel an einem geeigneten Kistenschinder zeigten mehr Probleme auf als Vorteile ersichtlich waren.
Zur Anlieferung standen drei Wege zur Auswahl: Durch den Draschepark direkt in den Garten hinter der Bude und beim Notausgang hinein. Ein Lokalaugenschein zeigte aber sehr rasch, dass dieser Weg zwar gangbar wäre, allein der Garten wäre komplett zertrampelt worden, was natürlich die Nachbarn nicht sehr für uns eingenommen hätte. Eine weitere Variante wäre von der Blechturmgasse über die Carolinenbude und ab durch den Keller. Das Winkelwerk im Vorraum zum Keller erwies sich aber als zu eng, um den Flügel dort durch zu manövrieren. Blieb nur die Möglichkeit, das gute Stück durch den Hauseingang hinauf ins Parterre, dann hinunter in den Keller und von dort auf die Bude zu tragen. Letztere wurde dann auch von den 'Lieferanten' (Spezialspedition Klavierpolizei) gewählt. Zwei starke Männer und ein Lehrbub brachten das zerlegte Klavier in Null komma nix an seinen Bestimmungsplatz. Die drei Beine und die Pedale wurden noch montiert und in weniger als einer viertel Stunde war der Spuk zu einem perfekten Ende gekommen.
Bei dem Klavier handelt es sich nicht um irgendein x-beliebiges Instrument, sondern um ein Fabrikat des Herstellers Carl Dörr mit (ehemals) Sitz in Wien 4, Mittersteig. Wie aus der schönen Beschriftung auf der Tastaturdeckel-Innenseite, welche zusätzlich mit einem Doppeladler und einem Wappen verziert ist, hervorgeht, war die Wiener Klavierfabrik Dörr k.& k. Hof-Lieferant und 'Kammerlieferant Ihrer k. & k. Hoheit der Frau Erzherzogin Maria Immaculata'. Zur Information: Maria Immaculata Clementina (* 14. April 1844 in Neapel; † 18. Februar 1899 in Wien) war eine geborene Prinzessin von Bourbon-Sizilien und durch Heirat Erzherzogin von Österreich-Toskana. Maria Immaculata heiratete am 19. September 1861 in Rom ihren Cousin 1. Grades Erzherzog Karl Salvator von Österreich-Toskana, Sohn von Leopold II., Großherzog der Toskana und Maria Antonia, Prinzessin von Bourbon und beider Sizilien.
Der Stutzflügel passt also wie angegossen zu unserer Tegetthoff als Landsmannschaft. Soweit ich bisher erkennen konnte, ist das Klavier vom Design her Jugendstil. Laut Auskunft der Spediteure hat es einen Gusseisenrahmen und einen soliden Holzkörper. Meine Bedenken bezüglich klimatischer Unbillen wurden entkräftet, 12 – 25°C sollten dem guten Stück nichts anhaben können, zu vermeiden wäre jedoch hohe Luftfeuchtigkeit und eine Temperatur unter 10°C.
Ich hoffe daher, dass sich der Aufwand gelohnt hat und dass wir noch viele schöne und vor allem klangvolle Stunden haben werden.
Text: Newton, Phil-xx

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blech-bote@aon.at



zuletzt geändert: 04.04.2020 um 09.29 Uhr