Das virtuelle Leben als Couleurstudent

Corona - besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen oder ein neuartiges Verhalten …
Die Unruhe und Unsicherheit die wir alle in Zeiten von Corona erleben, macht auch nicht vor unserem Budenleben halt. Die Kommunikation in der heutigen digitalen Zeit ist ja bekannter weise kein Problem – möchte man meinen. So meinte auch ich anfänglich, dass wir unsere ChC's und ähnliches mittels Konferenzschaltungen, Videotelefonie etc. durchführen werden. Der ChC hat das versucht, besonders unsere BbBb DDr.cer. Raffael und Newton waren hier Vorreiter – Danke an Euch. Ich selbst als Phil-x war nicht dabei, auch wenn ich anfänglich sofort an diese Möglichkeiten dachte. Meine persönlichen Probleme dazu sind sicher vielen anderen mittlerweile auch schon bekannt:
  • Ich habe ein mobiles Internet, das gerade jetzt massiv überlastet ist und nicht sicher und immer funktioniert.
  • Meine persönliche technische Ausstattung ist veraltet, mein Wissen darüber praktisch nicht existent. Im Büro habe ich eine moderne Ausstattung und Techniker, hier zuhause niemanden.
  • Im Homeoffice tätig, sitze ich nun täglich lange vor dem Bildschirm. Vermutlich öfter wie im Büro. Eigentlich bin ich froh, einmal den Bildschirm nicht zu sehen. Fernsehen habe ich nicht sehr gerne, ich bevorzuge die freie Natur, Sport und Lesen.
Virtuelle Convente und Kneipen haben mittlerweile viele versucht, mit mäßigem Erfolg. Neben der technischen Ausstattung, fehlt auch immer das persönliche, direkte Erlebnis. Ich gebe offen zu, dass ich anfänglich nicht an diese oben angeführten Probleme gedacht habe. Nun lese ich gerade heute dazu im ORF Worte seiner Heiligkeit.
''Papst Franziskus hat vor einer Virtualisierung der Religion in der Coronavirus-Krise gewarnt. Eine Gottesbeziehung ohne Kirche, ohne Gemeinschaft der Gläubigen und ohne Sakramente sei gefährlich'.
Derzeit sei die Kirche aus einer Notlage heraus zur Feier von Sakramenten ohne direkte Anwesenheit von Menschen gezwungen, sagte der Papst am Freitag bei seiner täglichen Frühmesse im Vatikan. In Gottesdiensten, bei denen die Teilnahme für Gläubige nur via Medien möglich ist, seien die Menschen aber 'zusammen und doch nicht zusammen', die Kommunikation finde 'nicht wirklich, sondern nur geistlich' statt, meinte Franziskus. Auch die Papstmesse wurde erneut live im Internet gestreamt. Solche Messübertragungen seien wichtig, um in der aktuellen 'schwierigen Phase' einen 'Ausweg aus dem Tunnel zu finden', doch das könne kein normaler Zustand sein, hielt Franziskus fest. Eine Gottesbeziehung ohne Kirche, ohne Gemeinschaft der Gläubigen und ohne Sakramente sei 'gefährlich', befand der Papst, denn die Kirche drohe sich dadurch vom Gottesvolk abzukoppeln und zu einem privaten Heilsweg zu werden. Kirche zu sein, bedeute 'konkrete Vertrautheit mit dem Volk', und umfasse wesentlich auch die Gemeinschaft und die Sakramente, betonte Franziskus. Zu einer vertrauten Beziehung zu Christus gehöre auch immer die Tischgemeinschaft.'
Diese vom Papst angesprochene 'Tischgemeinschaft' lässt sich überall anwenden, wo sich Menschen zusammenfinden. Auch bei unserem Lebensbund, der Verbindung. Die virtuelle Welt kann und soll niemals das menschliche Miteinander ersetzen. Der Mensch ist ein 'Herdentier', er braucht andere. Die virtuelle Zusammenkunft ist nicht für jeden möglich. Die technische Ausstattung ist sicher ein Schlüssel dazu, aber was fehlt ist der Mensch. Geräusche, Gerüche, zum Gerne haben, zum Nichtmögen, zum Lustig sein und auch zum Grantig sein. Das alles 'menschelt' – es ist erlaubt und richtig. Daher ist der Kontakt per Telefon, Skype, Video etc. sicher sinnvoll, aber es kann kein Ersatz sein. Ich persönlich erinnere mich aber gerne an die 'gute, alte Zeit' vor der Zeit des Internet. Da saß ich mit einem Glaserl oder Flascherl vor einem Blatt Papier und schrieb einen Brief. Bei einem oder auch mehreren – Briefen und Glaserln oder auch Kaffee und Zigaretten – war ich im Geiste beim Adressaten. Es hat lange gedauert, aber nach 3 bis 5 oder mehr Tagen konnte man eine Antwort erhalten …
Heuer hatte ich vor Corona vom 25.2. bis zum 6.3. meine Ausbildung zum Pionier-Sprengbefugten auf den Truppenübungsplätzen Bruckneudorf und Allentsteig. In diesen 14 Tagen hatte ich keinen Bildschirm, keine Telefonate, immer nur die freie Natur und Witterung. Teilweise Lehrsaal mit Skripten, Schreibtafel, wenig Powerpoint, aber Zettel Stift und Papierskripten. Also eigentlich 'Retro' wie man heute meint – ich fand das 'cool'. Ich habe an mir trotz wenig Schlaf und bescheidenem Leben eine wohltuende Veränderung festgestellt. Fort der virtuelle Wahnsinn und die Mails, aber geöffnet der Wunsch zur Menschlichkeit, zum 'Beisammensitzen' – ja auch zum Kerzerl anzünden und stillem Gebet in der Kirche. Beides konnte ich glücklicherweise haben, das 'zsammsitzen' mit einfachen Leuten und auch das Gebet. Beim oft langen Warten in finsteren, feuchten und kalten Bunkern fernab der virtuellen Welt, findet man leicht in das reale Leben zurück. Diese uns bis 16.3.2020 fehlende Entschleunigung kommt möglicherweise in unsere Gesellschaft zurück, wie manche Menschen sich äußern.
Wollen wir hoffen, dass dem so ist und zukünftige Budenbesuche gemütlicher sein werden. Bei Tegetthoff steht seit Wochen ein Klavier, wir haben damit in unsere Zukunft investiert. Lasst uns daher auch 'im Geiste' zutrinken und miteinander sein, bitte nicht nur virtuell. Ich habe mir nun zur Gewohnheit gemacht, jedes erste Glas aus einer neu geöffneten Flasche Wein meinen Bundesbrüdern zu widmen. Wenn das jeder von uns macht, denken wir auch oft an uns und unseren Bund.
Text: Lucullus, TEW-Phil-x

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blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 24.04.2020 um 08.46 Uhr