Nummer 09/2020
Österreicher, gibt’s die wirklich?

Als Angehöriger von zwei Katholischen Österreichischen (Mittelschul-) Landsmannschaften stelle ich mir die Frage, was eigentlich ein 'echter' Österreicher ist?
Laut unseren Statuten sind wir bereit katholische, österreichische Hoch- bzw. 'Mittel'-Schüler in unsere Reihen aufzunehmen, die sich mit unserem Vereinszweck und unseren Idealen identifizieren können und wollen. Ohne an dieser Stelle auf die anderen Kriterien und auf unsere Prinzipien einzugehen, möchte ich mich auf die Frage konzentrieren, was einen 'Österreicher' ausmacht. Wir haben erst vor kurzen den Nationalfeiertag begangen, der zu meiner Schulzeit noch als 'Tag der Fahne' bezeichnet wurde und im Jahr 1955 – als Gedenken daran, dass der letzte Soldat der Alliierten Österreich verlassen hat – eingeführt wurde. Aber erst 1967 wurde der 26. Oktober, welcher an den Beschluss des Neutralitätsgesetzes erinnern soll, als gesetzlichen Feiertag verankert. Aber Österreich(er) gibt es bekanntlich schon viel länger. Beginnen wir die Betrachtung also ganz von vorne mit einem kurzen Blick auf die Urgeschichte.
Die Wiege der Menschheit stand nach heutigen Erkenntnissen in Afrika, wo Gott (nach biblischer Überlieferung) den Menschen aus dem Affen (laut Darwin) erschaffen hat. Das begab sich nach heutiger Zeitrechnung vermutlich vor etwa 4 Millionen Jahren und es dauerte sehr lange bis aus unseren altsteinzeitlichen Vorfahren vor etwa 1,5 Millionen Jahren der Homo erectus und erst vor rund 200.000 Jahren der Homo sapiens hervorging. Parallel zu diesem entwickelte sich der Neandertaler, der sich, laut den Erkenntnissen der modernen Genetik, vor seinem Aussterben vor etwa 30.000 Jahren auch mit den anderen Zeitgenossen vermischt hat, weshalb sich in unseren Genen noch heute rund 2% Neandertaler-Anteil nachweisen lassen.
Mit dem Wachstum der Urbevölkerung begann auch deren Ausbreitung über die Erde. Über das ägyptische Niltal und die Halbinsel Sinai zogen die Menschen vor etwa 60.000 Jahren in das fruchtbare Zwischenstromland zwischen Euphrat und Tigris im heutigen Irak, wo überall frühe Hochkulturen entstanden. Interessant erscheint mir in diesem Zusammenhang, dass die Evolution zum modernen Menschen offenbar mit der Völkerwanderung und der Sesshaftwerdung als Bauern in der Jungsteinzeit vor ca. 12.000 Jahren einherging, während sich in jenen tropischen Gebieten, in denen bis heute Menschenaffen leben (d.h. im zentralafrikanischen Dschungel und in Süd-Ost-Asien) auch die menschlichen Jäger- und Sammlerkulturen der schwarzafrikanischen bzw. indigenen Völker teilweise bis in die Gegenwart erhalten haben. Ein Teil der Menschheit breitete sich im Lauf der Zeit von Mesopotamien über Ostanatolien auf den asiatischen Kontinent aus, während die Besiedlung Europas aus über Westanatolien stattfand. Aus rein geografischer Sicht wären demzufolge alle Europäer die Nachfahren von 'Türken'.
Wenn wir ein paar Jahrtausende überspringen und Europa um etwa 500 v.Chr. vereinfacht betrachten, waren im Norden Europas die Germanen und im Süden die Etrusker und die Griechen beheimatet. Der Großteil des Kontinents von Irland über Britannien und Frankreich bis zum Balkan war aber von verschiedenen keltischen Völkern besiedelt. Auch im heutigen Österreich waren die Kelten vorherrschend, wie zahlreiche archäologische Funde aus der Hallstatt- und der La-T่ne-Zeit belegen. Erst mit der Ausbreitung des römischen Weltreiches im letzten Jahrhundert vor Christus wurden die Gallier, wie die Kelten von den Römern genannt wurden, von ebendiesen verdrängt und unterworfen (wenn man von einem kleinen Dorf ganz im Nordwesten Galliens absieht, aber das ist eine völlig andere Geschichte).
Das römische Reich erstreckte sich in unseren Breiten bekanntlich bis zum Limes entlang der Donau. Transdanubien wurde hingegen von Markomannen, Quaden und anderen germanischen Stämmen beherrscht. Es ist davon auszugehen, dass sich die römischen Eroberer mit den einheimischen Frauen sowohl gewaltsam – wie dies bei kriegerischen Auseinandersetzungen seit jeher vorkommt – als auch auf friedliche Weise vereinigt haben und sich daher das Blut unserer keltischen Vorfahren mit jenem der 'Welschen' vermischt hat.
Wenn wir abermals rund tausend Jahre – und damit auch die Zeit der germanischen Völkerwanderung – überspringen, befinden wir uns etwa um 1.000 n.Chr. im Hochmittelalter. Zu dieser Zeit entstand mit der Kaiserkrönung Otto I. im Jahr 962 das Heilige römische Reich deutscher Nation, zu welchem neben dem heutigen Deutschland unter anderem auch das Herzogtum Böhmen im Osten und ein großer Teil Italiens, bis südlich von Rom, gehörte. Die Herzogtümer Kärnten und Bayern beinhalteten damals den größten Teil des heutigen Österreichs. Nach der Belehnung der Babenberger durch Kaiser Otto II. im Jahr 976 wurde der Begriff 'ostarrichi' im Jahr 996 in einer Schenkungsurkunde erstmals urkundlich erwähnt. Demzufolge sind wir Österreicher eigentlich alle 'Bayern', was vor allem im oberösterreichischen und salzburgischen Sprachraum noch deutlich anklingt.
Wenn wir auf unserer gedanklichen Zeitreise weitere knapp neunhundert Jahre überspringen, befinden wir uns im Kaisertum Österreich, zur Zeit der österreich-ungarischen Doppelmonarchie im 19. Jahrhundert. Damals befand sich das Land im Aufschwung. In Wien wurde die Ringstraße errichtet und eine Weltausstellung vorbereitet, weshalb viele Arbeiter aus anderen Landesteilen, vor allem aus Böhmen und Mähren, nach Wien kamen und blieben. Im Süden waren Triest und Istrien nicht nur beliebte Reiseziele der wohlhabenden Bürger, sondern auch wichtige Marinestützpunkte. Zweifellos ist es daher überall in der Monarchie auch zu Vermischungen der deutschstämmigen Bevölkerung mit der slawischen, slowenischen oder kroatischen Volksgruppe gekommen, weshalb nicht nur zahlreiche Wiener, sondern auch andere Österreicher zum Teil 'Behm' oder 'Krowoden' in ihrer Ahnenreihe haben.
Im 20. Jahrhundert sind nach den großen Gebietsverlusten des ersten Weltkriegs durch die Volksabstimmung in Kärnten im Jahr 1920 (siehe den diesbezüglichen Beitrag in dieser Ausgabe) und die Landnahme des Burgenlandes im Jahr 1921 Gebiete mit teilweise fremdsprachigen Bewohnern wieder zu Teilen Österreichs geworden. 1956 wurden fast 200.000 Flüchtlinge aus Ungarn vorübergehend bei uns aufgenommen, von denen rund ein Zehntel blieb, während die übrigen in andere Länder weiterreisen konnten. Und auch gegen Ende des Jahrhunderts sind im Zuge der Jugoslawienkriege zahlreiche Nachbarn in Not zu uns gekommen, von denen nicht wenige im Land geblieben sind und sich gut integriert haben, weshalb es wohl auch 'Jugos' in so manchen Stammbaum gibt.
Was einen echten Österreicher ausmacht, ist daher die Melange aus verschiedenen Volksgruppen, die sich im Lauf der Zeit mehr oder weniger vermischt haben und uns wohltuend vom 'reinrassigen Germanen', dem Idealbild des deutschen Reichs, abheben. Und genau das verbindet jeden einfachen Österreicher auch mit dem 'Haus Österreich'. Von der Habsburg im schweizerischen Aargau stammend, hat sich das Geschlecht der Habsburger nicht nur unter Maria Theresia mit jenem der Lothringer vereinigt, sondern ist – getreu dem berühmten Spruch 'tu felix austria nube' – auch davor und danach mit zahlreichen anderen Adelshäusern Verbindungen eingegangen. Kaiserin Elisabeth aus dem Hause der Wittelsbacher und Kaiserin Zita von Bourbon-Parma seien hier stellvertretend für viele andere erwähnt.
In unserem schönen Land sollte auch weiterhin Platz für notleidende Nachbarn und eine überschaubare, legale Zuwanderung von integrationswilligen Ausländern sein, die unsere Kultur bereichern, anstelle ihren politischen Fanatismus bei uns auszuleben. Entscheidend ist nämlich nicht woher man kommt, sondern wohin man will!
Deswegen muss dem ungeregelten Zuzug von Personen, die ihre Religion über die Gesetze unserer Heimat stellen und die unseren Sozialstaat ausnutzen ohne dafür etwas zu leisten oder sich hier kriminell verhalten, rasch ein Riegel vorgeschoben werden. Die Genfer Flüchtlingskonvention aus dem Jahr 1951 ist heute nicht mehr zeitgemäß und muss dringend geändert werden, da auch die übrige Rechtsordnung laufend an gesellschaftliche Entwicklungen der letzten Jahrzehnte angepasst worden ist. Geschieht dies nicht, gibt es vermutlich sehr bald wirklich keine echten Österreicher mehr.


Text: DDr.cer Raffael

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zuletzt geändert: 01.11.2020 um 00.57 Uhr