Nummer 7/2022
Blitzlichter

Wir beschäftigen uns diesmal ausführlich mit einer Reaktion zu unserer letzten Ausgabe und werfen wieder ein paar Seitenblicke auf politische Themen der letzten Wochen.

Juristische Nachlese
Zu einem Blitzlicht-Artikel in unserer letzten Ausgabe haben wir einen Leserbrief erhalten, den wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen und daher nachstehend im vollen Wortlaut wiedergeben:

Liebe Kartellbrüder,

vielen Dank für die soeben erhaltene Zusendung des 'Blech-Boten', der stets kurze, aber oft erhellende oder erheiternde Beiträge bringt.

Beim Beitrag 'Juristische Themenverfehlung' kann ich Euch aber nicht beipflichten. Als ehemaliger Jurist in der Pensionsversicherung, der auch selbst vor dem VfGH vertreten hat, warne ich davor, 'strittige Formfragen bzw. formale Fehler bei dringend erlassenen Gesetzen und Verordnungen' quasi unter Schutz zu stellen. Der Wille des Gesetzgebers ist keineswegs immer eindeutig und muss jedenfalls klar zum Ausdruck kommen, sonst landet man irgendwann bei einer Allgemeinregel 'Wer sich ungebührlich verhält, wird nach Gebühr bestraft.'

Die genannte 'souveräne Entscheidung des österreichischen Gesetzgebers' hat eben ihre Grenzen dort, wo zwingendes Unionsrecht verletzt wird - und das war bei der unterschiedlichen Familienbeihilfe ziemlich klar. Es war ein - vermutlich erfolgreicher - Wahlkampfgag auf Kosten der (Kinder von) Menschen, die bei uns arbeiten und oft nicht sehr gut bezahlt werden, wie zB viele Personen in der sog. 24-Stunden-Pflege. Dieser Gag fällt uns jetzt auf den Kopf, weil die Nachzahlungen natürlich auch einen hohen Verwaltungsaufwand erfordern. Personen sind verstorben oder haben nicht mehr die Obsorge etc. etc. Zudem bleiben die - wenigen - Fälle unberührt, wo die FB höher war. Die Beiträge dieser Menschen sind nicht geringer als derjenigen, die in Österreich wohnen, daher dürfen die Leistungen auch nicht geringer sein. Oder meint Ihr, diese Personen sollten weniger verdienen oder weniger Pension erhalten, weil sie in Preßburg und nicht in Wolfsthal wohnen?

Herzliche kbr. Grüße
Dr. cer. Thales, VBW


Ich bedanke mich für obigen Leserbrief und möchte die Gelegenheit nutzen, um meine in dem angesprochenen Beitrag nur kurz angedeuteten Gedanken etwas ausführlicher darzulegen. Vorweg möchte ich klarstellen, dass der Artikel (wie im Impressum angegeben), nicht die Meinung der gesamten Verbindung darstellt, sondern nur meine eigenen Ansichten wiedergibt. Ich bin kein Jurist, sondern Betriebswirt und habe das Thema Familienbeihilfe daher aus wirtschaftlicher Sicht betrachtet. Was mich an dem (formal möglicherweise durchaus rechtmäßigen) EuGH-Erkenntnis stört, ist die offenbare Verwechslung eines sachlich begründeten Zuschusses mit Ansprüchen von Arbeitnehmer, wie sich leicht erklären lässt:

Die Familienbeihilfe ist kein Gehaltsbestandteil, weil alle Personen die in Österreich einen Wohnsitz haben (d.h. nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Unternehmer, Arbeitslose oder sogar Asylanten) – unabhängig von allfälligen geleisteten Beiträgen – Anspruch darauf haben, während kinderlose Arbeitnehmer (die weder in Karenz gehen, noch Pflegefreistellung für Kinder in Anspruch nehmen können und daher sogar mehr als andere leisten) aus diesem Topf kein Geld bekommen. Arbeitnehmer aus Drittstaaten zahlen ebenfalls Beiträge, aber erhalten die Familienbeihilfe im Unterschied zu EU-Bürgern nur dann, wenn deren Kinder im Inland leben. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise kann ich keine Diskriminierung von EU-Bürgern erkennen, wenn sich die Höhe einer Förderung an den tatsächlichen Kosten orientiert, die eben in jedem Land anders sind.

Abgesehen davon war der Wille des Gesetzgebers im Fall der Familienbeihilfe (im Unterschied zu den teils widersprüchlichen bzw. zumindest unlogischen Corona-Regelungen) m.E. klar erkennbar und das Gesetz wurde sicher nicht (nur) von Politikern, sondern von Juristen gemacht und von einigen Verfassungsjuristen als unionskonform erachtet. Andere Unterscheidungen sind ja offenbar auch zulässig: Aufgrund des Föderalismus werden nicht einmal Inländer immer gleich behandelt. Die Förderungen für den Wohnbau oder z.B. für umweltfreundliche Technologien wie Solaranlagen u.v.a.m. sind in jedem Bundesland anders und für Häuser jenseits unserer Staatsgrenzen stehen diese Zuschüsse meines Wissens nicht zu, obwohl für deren Finanzierung auch die Abgaben von ausländischen Arbeitnehmern verwendet werden.

Als juristischer Laie finde ich es eben sehr unbefriedigend, dass immer mehr und noch mehr (m.E. oft unnötige) Gesetze gemacht werden, von denen einige offenbar das Papier nicht wert sind, auf dem die Bundesgesetzblätter ausgedruckt werden. Besonders ärgerlich finde ich, dass Unionsbürger in Österreich durch das EU-Recht oft besser gestellt werden als in ihrer Heimat und so in den vollen Genuss unseres kostenlosen Ausbildungssystems und unserer Sozialleistungen kommen, aber das wurde uns vor dem EU-Beitritt wohlweislich verschwiegen …
DDr.cer. Raffael


Wiener Außenminister?
Ebenfalls in der letzten Ausgabe erwähnt wurde, dass der Wiener Bürger:innenmeister (in welcher Funktion auch immer) vom türkischen Präsidenten zu einem Gespräch eingeladen wurde. Dieses Modell macht scheinbar Schule, da unser Rathausmann einige Tage danach auch vom Kiewer Bürger- und ehemaligen Boxweltmeister mit Videotelefonat kontaktiert wurde und diesem die Unterstützung der Ukrainer zugesagt hat. Erst später stellte sich heraus, dass es sich dabei um ein sogenanntes 'Deepfake' handelte, d.h. eine Videoaufnahme mithilfe künstlicher Intelligenz manipuliert wurde und der Anruf gar nicht über einen offiziellen Kanal aus Kiew kam. Vielleicht sollten sich Kommunalpolitiker doch besser mehr um ihre Kernkompetenzen (falls vorhanden) kümmern und sich nicht in die große Weltpolitik einmischen.

Oligarchen und Opernsänger
Voller Stolz wurde verkündet, dass Österreich inländisches Vermögen von den russischen Freunden des dortigen Präsidenten im Wert von rund 1,5 Milliarden eingefroren hat. Das ist grundsätzlich gut, weil wegen dieser Beschlagnahmungen, welche ja auch in anderen westlichen Ländern vorgenommen wurden, vielleicht doch ein gewisser Druck der Oligarchen auf ihren 'Alleinherrscher' ausgeübt werden könnte. Andererseits ist zu befürchten, dass diese Maßnahmen gar nichts nützen, weil die in Russland lebenden Multimillionäre genau wissen was ihnen droht, wenn sie sich gegen ihre Regierung auflehnen. Anders ist das bei Künstlern, die ohnedies überwiegend im Westen leben, wie die Opernsängern A.N. (d.h. Allgemeinbekannter Name), die obendrein noch die österreichische Staatsbürgerschaft hat, obwohl sie soweit bekannt noch immer nicht Deutsch kann. Diese Dame hat noch vor wenigen Jahren ganz offen Wahlwerbung für ihren russischen 'Zaren' gemacht und auch verabsäumt, sich zu Beginn des Ukrainekrieges klar von ihm zu distanzieren, um ihr Engagement an der russischen Oper nicht zu gefährden. Erst nach der Absage zahlreicher Auftritte im Westen hat sie sich zu einem halbherzigen Rückzieher entschlossen. Warum hat man das Vermögen dieser Person – sofern es sich überhaupt im Inland befindet – nicht auch beschlagnahmt und ihr die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen? Andere europäische (!) Opern- bzw. Musicalsängerinnen, aber auch Sportlerinnen, sprechen fließend Deutsch, leben im Inland und zahlen hier auch Steuern, aber erhalten nach Jahrzehnten noch keine Staatsbürgerschaft, obwohl sie diese gerne hätten, um auch in den Genuss der vollen Bürgerrechte zu kommen!
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 26.07.2022 um 09.59 Uhr