Nummer 6/2021
Sieg bei Lissa vor 155 Jahren -
was bis heute vom Kontreadmiral Wilhelm von Tegetthoff blieb

Österreich wurde bei militärischen Auseinandersetzungen nicht gerade vom 'Kriegsglück' verwöhnt! Umso mehr wurden und werden Siege enthusiastisch gefeiert. Dazu gehört, ohne Zweifel, der unerwartete Sieg von Kontreadmiral Tegetthoff über die moderne, hochgerüstete italienische Kriegsflotte vor der Insel Lissa!


Tegetthoff-Denkmal in Graz, Couleurausflug 2012 (Foto: Margarethe)

Wer war nun dieser österreichische Seeheld, als Österreich noch, durch das Adriatische Küstenland, eine Seemacht war? Wilhelm von Tegetthoff wurde 1827 als einer von fünf Söhnen des k. k. Oberstleutnants Franz Carl Gabriel von Tegetthoff in Marburg in der damaligen Untersteiermark – heute Slowenien – geboren. Sein Urgroßvater, Johann Wilhelm Tegetthoff, diente als Rittmeister in der kaiserlichen Armee und wurde für seine Verdienste von Maria Theresia in den erblichen Adelsstand erhoben. Wilhelm 'zog es zur See', obwohl seine Eltern für ihn eigentlich ein Zivilberuf vorgezogen hätten. Er besuchte also von 1840-1845 das österreichische Marinekollegium Venedig und wurde dort als Marinekadett ausgemustert.
Infolge der Revolutionsjahre um 1848 machte er aufgrund verschiedener Einsätze rasch Karriere und erhielt bereits 1854 das Kommando über den Kriegsschoner 'Elisabeth' und 1855 über den Raddampfer 'Taurus', der sein Einsatzgebiet im Krisengebiet des Donaudeltas hatte. 1859/1860 nahm er, vom Marinekommandanten Erzherzog Maximilian berufen, an dessen Reise nach Brasilien teil. Bereits 1861 wurde Tegetthoff zum Linienschiffskapitän befördert, womit das Kommando über die österreichische Flottenabteilung in der Levante verbunden war. Im Jahre 1864 nahm er am Seegefecht bei Helgoland teil, wo Österreich die Preußen gegen Dänemark unterstützte. Am Tag nach dem Gefecht wurde Tegetthoff, erst 37 Jahre alt, zum jüngsten Contre-Admiral der k. k. Kriegsmarine befördert und erhielt das 'Eiserne Kreuz 2. Klasse'.
Über die Seeschlacht bei Lissa am 20. Juli 1866 gibt es eine Fülle an Literatur und sie soll eigentlich nicht der Schwerpunkt dieses Beitrages sein! Nur so viel, dass im Jahre 1866, im Zuge zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen, die hochgerüstete italienische Flotte in Zugzwang geriet, etwas zu unternehmen. Man einigte sich bei einem Kriegsrat an Bord der 'Ré d’Italia' Lissa anzugreifen, denn die Adria musste Italienisch werden. … Am 17. Juni begann der Angriff einer großen italienischen Flotte, gegen die sich die schwache österreichische Besatzung energisch zur Wehr setzte und bis zur Ankunft von Tegetthoff mit seinen österreichischen, ebenfalls unterlegenen Flotte, zum Entsatz kam, durchhielt. Um die Mittagszeit des 19. Juni lief die Flotte aus, nachdem der Kaiser dem Flottenkommandanten den Befehl erteilt hatte: 'Nach eigenem Ermessen handeln'!
Die Seeschlacht selbst war, wie man den vielen zeitgenössischen Berichten entnimmt, ein komplettes Chaos. Während Tegetthoff auf seinem Flaggschiff 'Erzherzog Ferdinand Max' weitestgehend die Kontrolle über den Kampfverlauf behielt, tat sich auf italienischer Seite etwas, was den Kampfverlauf zugunsten der Österreicher entschied! Der Kommandant der italienischen Flotte, Persano, überschiffte sich überraschend mit zwei Signaloffizieren vom Flaggschiff 'Ré d’Italia' auf den 'Affondatoro', der keine Admiralsflagge hatte. Auf der 'Ré d’Italia' wurde sie eingezogen! Die italienische Flotte war führerlos! Nachdem noch die 'Ferdinand Max' die 'Ré d’Italia' mit einem Rammstoß versenkte, war die Seeschlacht für die österreichische Marine gewonnen.
Dieser Sieg war 'Balsam' für die österreichische Seele, ging doch die Schlacht bei Königgrätz gegen die Preußen verheerend verloren. Tegetthoff wurde der Maria-Theresien-Orden verliehen, womit eine 'Huldigung' begann, die bis in die heutige Zeit anhält!
Tegetthoff unternahm einige Studienreisen und wurde, als er am 3. Juli 1867 zurückkehrte, vom Kaiser Franz Josef beauftragt, den Leichnam dessen am 19. Juni 1867 in Mexiko erschossenen Bruders heimzuholen! Detail am Rande: Vizeadmiral Tegetthoff bewerkstelligte diese heikle Mission mit der Fregatte 'Novara', auf der der junge Erzherzog seine Laufbahn als Marineoffizier begonnen hatte. Als späterer Kommandant der Kriegsmarine war er ein großer Förderer Tegetthoffs.
Dieser wurde am 25. Februar 1868 zum Chef der Marinesektion und zum Marine-Oberkommandanten ernannt. Diese Funktion füllte er bis zu seinem frühen Tod 1871 aus.1) Sein Grab befindet sich in Graz am St. Leonhard-Friedhof. Seinem Ableben folgte eine derartige Fülle und Vielfalt von Ehrungen, dass sie ein eigenes dickes Buch füllen würden. Die in der Folge erwähnten können daher nur als Beispiel dafür dienen.

Schiffe
Was liegt näher als, in Erinnerung an den großen österreichischen Seehelden Wilhelm von Tegetthoff, Schiffe auf seinen Namen zu taufen. Begonnen wurde 1878 mit dem Kasemattschiff 'SMS Tegetthoff'. Bereits 1869 war das erste Schiff dieser Klasse auf 'Lissa' getauft worden. Im Jahre 1912 lief das Schlachtschiff 'Tegetthoff' von Stapel. Schlachtschiffe, auch Linienschiffe, sind gepanzert und in der Regel schwer bewaffnet. Sie sind für den Flottenkampf vorgesehen und mit 20 Knoten relativ schnell. … Die 'Admiral Tegetthoff' wurde in Bremerhaven als Polarexpeditionsschiff gebaut und ausgerüstet, finanziert durch eine Spendenaktion des Grafen Wilczek. Es war ein 220 t Segler mit Auxiliardampfmaschine. Das Schiff war zwar mit Angehörigen der Kriegsmarine bemannt, gehörte aber nicht dem Verbande der Marine an.
1987 lieferte die 'Österreichische Schiffswerften AG' die beiden baugleichen Schiffe 'MS Admiral Tegetthoff' und 'MS Prinz Eugen'. Die 'MS Admiral Tegetthoff' führt die Flotte der DDSG Blue Danube GmbH an. Sie ist wohl Österreichs berühmtestes Charterschiff und wurde bereits zweimal komplett saniert: 2001 im Jugendstil-Design und 2012 im modernen Look ohne den maritimen Charakter zu verlieren. Zur besseren Manövrierfähigkeit – u.a. bei Anlegemanövern – verfügt das Schiff über ein elektrisch betriebenes Bugstahlruder. Echolot, Radar und Schiffsfunk zählen unter anderem zur Ausstattung des Schiffes, um es sicher zu navigieren.

Militärische Ehrungen in der Republik
Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1938 wurde im Kuchenlauer Hafen im 19. Wiener Bezirk eine Kaserne errichtet. Während der Besatzungszeit waren die Russen einquartiert. Im Jahre 1955 übernahm das Bundesheer das Objekt und benannte es 'Marinekaserne Tegetthoff'. Im Jahre 2012 wurde der militärische Betrieb der Heerestruppenschule/Institut Pionier eingestellt. Die Kaserne wurde im Juni desselben Jahres an das 'Österreichische Siedlungswerk' verkauft, welches darauf frei finanzierte Luxuseigentumswohnungen errichtete.
Die Jahrgänge auf der ältesten Offiziersschule der Welt, der 'Maria-Theresianischen Militärakademie' in Wr. Neustadt wählen sich jeweils ein Jahrgangsmotiv. Der Jahrgang 1977 wählte 'Tegetthoff'. Das Schild wurde zur Uniform getragen. Bereits 1966 wählte ein Jahrgang 'Lissa'.

Denkmale, Straßen und Plätze
Wenige Jahre nach seinem Tod wurde für Tegetthoff im Hauptkriegshafen der k.u.k. Marine in Pola 1877 das von Carl Kundmann gestaltete Denkmal errichtet. Das aus der k. k. Kunst-Erzgießerei in Wien stammende Denkmal trägt die Inschrift 'Tapfer kämpfend bei Helgoland, glorreich siegend bei Lissa, erwarb er unsterblichen Ruhm sich und Österreichs Seemacht'. Als nach dem verlorenen 1. Weltkrieg 1918 Pola zu Italien kam, musste das Denkmal natürlich weg und wurde in Venedig 'eingelagert'!
Im Jahre 1935 wurde es an Österreich übergeben und in Graz, am Tegetthoff Platz im Bezirk St. Leonhard, auf dessen Friedhof sich auch die letzte Ruhestätte Tegetthoffs befindet, wieder aufgestellt (Bild oben). Die Bronzestatue, die etwa 3,5 m hoch und 1,5 t schwer ist, wurde von 2013-2016 restauriert und wieder aufgestellt. In Graz wurde auch eine Brücke über die Mur nach Tegetthoff benannt.

In Marburg, in der ehemaligen Untersteiermark, der Geburtsstadt Tegetthoffs, wurde 1883 von Kaiser Franz Josef ein Tegetthoff-Denkmal enthüllt. Es wurde nach dem 1. Weltkrieg, als Marburg zur Slowenen kam, abgetragen. Die Büste befindet sich heute im Landesmuseum von Marburg, das auch 2012 eine Ausstellung für den 'großen Sohn der Stadt' durchführte! Gott sei Dank ändern sich die Zeiten.
Das größte Denkmal befindet sich in Wien am ehemaligen 'Praterstern'.2) Ehemalig deswegen, weil ursprünglich von ihm sternförmig Hauptverkehrsstraßen wegführten. Durch die vielen Umbauten ist das 1886 von Carl Kundmann und Carl von Hasenauer errichtete Denkmal an den Rand gerückt. … In Wien gibt es natürlich auch eine Tegetthoffstraße im 1. und eine Lissagasse im 3. Bezirk.
Weitere Tegetthoffstraßen befinden sich in Dornbirn, Graz, Linz, Salzburg/Maxglan, Vöcklabruck, Wals-Siezenheim und Hamburg! Weiters eine Tegetthoffgasse in Bruck/Leitha, Brunn am Gebirge und in Wien 21. Zwischen 1872-1885 gab es eine Tegetthoffbrücke in Wien über den Wienfluss. Lissagassen gibt es auch in Graz und Linz und eine Helgolandgasse in Wien.
Text: DDDr.cer. Brutus
(Auszug aus einem Artikel in den Nachrichten 2/2021 des
Ansichtskarten und Briefmarken Sammelvereins Meteor)

Anm. d. Red.: Der vollständige Originalbeitrag enthält zusätzlich ausführliche Beschreibungen von Postkarten, Medaillen, Münzen und Marken sowie zahlreiche, teils historische Abbildungen. Die dort erwähnten Bier- und Briefmarken der K.Ö.M.L. Tegetthoff sowie einige Medaillen sind auf deren Homepage abgebildet und die Couleurkarten sind auf der Bude erhältlich.

1) Ein historisches Zeitungsbild vom ursprünglichen Begräbnis Tegetthoffs am Matzleinsdorfer Friedhof haben wir im Blech-Boten 4/2021 in der Rubrik 'Einen breiten Streifen' wiedergegeben.
2) Bb Tamagotchi hat im Internet den nachstehenden Link zu einem aufwendig nachkolorierten Wien-Film aus dem Jahr 1906 entdeckt, der eine Tramwayfahrt am Ring und auf der Praterstraße zeigt, bei der auch das Tegetthoff-Denkmal am Praterstern zu sehen ist: Film
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 30.06.2021 um 22.18 Uhr