Nummer 8/2022
Energie und Umwelt

Die Themen Energiesparen und Umweltschutz sind aus der Gegenwartspolitik nicht wegzudenken. Auch die Kirche macht sich darüber Gedanken, indem sie die 'Schöpfungszeit' feiert.


Der 1. September wurde bereits 2015 offiziell als 'Weltgebetstag für die Schöpfung' im katholischen Kirchenkalender eingetragen. Daher begehen die christlichen Kirchen auch heuer wieder die Zeit bis zum 4. Oktober, dem Festtag des Heiligen Franz von Assisi, mit verschiedensten Feiern und Veranstaltungen, welche den nachhaltigen Lebensstil fördern und auf die Dringlichkeit der Bewahrung der Schöpfung aufmerksam machen sollen. In der heurigen Botschaft von Papst Franziskus zu diesem Tag heißt es unter anderem: 'In dieser Zeit der Schöpfung sollten wir das Gebet in der großen Kathedrale der Schöpfung wieder aufnehmen und uns an dem 'großartigen kosmischen Chor' der unzähligen Geschöpfe erfreuen, die Gott loben. Schließen wir uns dem heiligen Franziskus von Assisi an und singen wir: 'Gelobt seist Du, mein Herr, mit allen Deinen Geschöpfen' (vgl. Sonnengesang). Singen wir gemeinsam mit dem Psalmisten: 'Alles, was atmet, lobe den Herrn!' ( Ps 150,6).

Die Aufrufe diverser Politikern und Experten zum Energie- und Wassersparen, welche via Rundfunk und Tageszeitungen verbreitet werden, klingen weit weniger poetisch und lassen oft auch jegliche Praxistauglichkeit vermissen. So wird beispielsweise angeprangert, dass rund ein Viertel unseres Trinkwassers über die WC-Spülung in den Kanal gespült wird. Das ist zwar sehr schade, aber was wäre die Alternative? Sollen etwa überall öffentliche Latrinen und Plumps-Klos errichtet werden und die Bewohner der Städte wie im Mittelalter den Inhalt ihrer Nachtöpfe durchs Fenster auf die Straße leeren? Auch Einsparungen bei der Körperhygiene sind nur bedingt möglich. So verzichte ich schon seit langem auf Wannenbäder und bevorzuge das Duschen, wobei ich auch die Wassersparfunktion nutze, aber ich möchte nicht auch noch eine Stoppuhr verwenden müssen, um ja nicht eine Minute zu lang Wasser zu verbrauchen. Wenn man öffentliche Verkehrsmittel benutzt bekommt man ohnehin öfters den olfaktorischen Eindruck, dass manch andere Menschen scheinbar viel sparsamer mit Wasser umgehen und die Dusche überhaupt nur alle heiligen Zeiten verwenden, aber ist das wirklich erstrebenswert? Sinnvoll wäre es sicher, wenn manche Mitbürger ihre Autos weniger oft waschen und wenn für Zwecke der Straßenreinigung und der Bewässerung öffentlicher Grünanlage Nutzwasser zur Verfügung stünde, was meines Wissens nicht bzw. nur selten der Fall ist.

Ähnlich 'hilfreich' sind manche Empfehlungen zum Energiesparen. Man soll mittels Messgeräten eruieren wie viel Strom einzelne Geräte wie z.B. Kühlschränke oder Waschmaschinen verbrauchen. Natürlich ist es gut eventuelle Sparpotentiale auszuschöpfen und z.B. etwas mehr Wäsche auf einmal zu waschen, aber man wird ohne Geschirr- und Wäschereinigung ebenso wenig wie ohne Kühlung von frischen Lebensmitteln (und der einen oder anderen Flasche Bier bzw. Wein) auskommen. Abgesehen davon ist die Verwendung von Messgeräten bei vielen Einbauküchen nur schwer möglich, weil sich die Steckdosen meist an unzugänglichen Plätzen hinter den jeweiligen Einbaugeräten befinden. Auch die Aussagekraft der neuen smartmeter ist ziemlich fraglich. Viele Großgeräte wie z.B. Kühlschränke oder Gefriertruhen, aber auch moderne Wärmepumpen zur Beheizung und Warmwasseraufbereitung, schalten sich selbständig ein, sobald gewisse Schwellenwerte erreicht werden – dadurch kann man unmöglich erkennen, welches Gerät wann wie viel Strom verbraucht. Bei den Energiespartipps im Rundfunk habe ich seltsamerweise noch nie die Aufforderung gehört auf das Fernsehen zu verzichten und insbesondere die modernen großflächigen TV-Geräte abzuschalten, da diese auch viel Strom verbrauchen und das übliche Programm ohnedies großteils verzichtbar ist. Geradezu absurd finde ich den Widerspruch zwischen der ungebrochenen Forcierung von E-Autos, bei gleichzeitig drohender Stromknappheit. Da hilft vermutlich auch das angekündigte Stromsparpaket wenig, wonach öffentliche Gebäude im Winter nur mehr bis 19 Grad beheizt und die – meines Erachtens ohnedies unnötigen – Heizschwammerl in Gastgärten verboten werden sollen.

Im Urlaub konnte ich einen kleinen Vorgeschmack darauf bekommen, wie sich ein Blackout anfühlt. Unmittelbar nachdem ich meine letzte Essensrechnung bezahlt und den Computerbeleg dafür erhalten hatte, ist nämlich in ganz Innsbruck und Umgebung für mehrere Stunden der Strom ausgefallen. In allen Geschäften und Lokalen wurde es schlagartig finster und nichts ging mehr. Gottseidank war ich im Unterschied zu anderen Menschen weder in einem Lift, noch in einer Seilbahngondel oder dergleichen gefangen und konnte daher die Stadt – wie ohnedies geplant – mit dem Auto verlassen. Doch auch das war gar nicht so einfach, weil sämtliche Ampeln ausgefallen und manche Straßenbahngarnituren mitten auf einer Kreuzung stecken geblieben waren, was ein ziemliches Verkehrschaos ausgelöst hat. Einige Kilometer weiter gab es im wahrsten Sinn des Wortes wieder einen Lichtblick und ich sah eine beleuchtete Tankstelle, die ich ansteuerte, um mein Fahrzeug aufzutanken. Das war jedoch nicht möglich, da zwar die Tankstelle Strom hatte, nicht aber der Zentralcomputer der die Zapfsäulen steuert. Glücklicherweise hatte ich noch genügend Benzin im Tank um problemlos die nächste Ortschaft zu erreichen, welche nicht vom Stromausfall betroffen war.

Eigenartig finde ich, dass einerseits die Bevölkerung zum Energiesparen aufgefordert wird, anderseits große Events die einen hohen Energieverbrauch und eine hohe CO-2-Belastung verursachen weiterhin ungehindert stattfinden. Egal ob Motorsport-Veranstaltungen oder Flugshows, ob Fußballspiele bei Flutlicht oder nächtliche Freiluftkonzerte, sie alle locken Zuschauer in Massen, die – zusätzlich zur Energieverschwendung durch die jeweilige Veranstaltung – selbst noch durch die oft weite Anreise Schadstoffe erzeugen, die Straßen verstopfen und die Luft verpesten. Besonders extrem ist die Belastung unseres weltweiten Ökosystems durch internationale Großveranstaltungen wie olympische Spiele und Weltmeisterschaften. So wird in etwa zwei Monaten die heurige Fußball-WM in Katar ausgetragen, wo mit hohem Energieaufwand (dort hat man’s ja, weil man direkt an der Ölquelle sitzt) nur für diesen Anlass sieben neue, teils klimatisierte (!) Stadien aus dem Wüstenboden gestampft wurden, die Umgebung mittels künstlicher Bewässerung begrünt wurde und wo man angeblich pro Tag 160 Flüge benötigen wird, um die Teilnehmer und Zuschauer von den weit verstreuten Hotels zu Veranstaltungsorten zu befördern.

Was kann unser kleines Land, das laut einem Zeitungsbericht weniger als 0,2% der Belastung des Weltklimas verursacht, zur Rettung der Umwelt beitragen, wenn nicht die großen Staaten wie z.B. USA, China und Indien ihre Klima- und Wirtschaftspolitik drastisch ändern? Von der sinnlosen Zerstörung in der Ukraine ganz zu schweigen, wo schwere Kriegsmaschinen wie Panzer oder Raketen Massen an Treibstoffen verbrauchen und wo durch die Explosion der verschiedensten Sprengsätze große Brände verursacht werden, die nicht nur unzählige Gebäude und die Infrastruktur des Landes zerstören, sondern auch die Atmosphäre verpesten. Darüber hinaus ist die Ukraine einer der weltweit größten Agrarproduzenten und war ein wichtiger Getreideexporteur, nicht nur für Europa, sondern vor allem auch für viele von Hunger geplagte afrikanische Staaten. Es ist ganz sicher nicht im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Schöpfung, wenn diese wichtigen Nahrungsmittel aufgrund der russischen Blockade in den Silos verderben und die neue Ernte kriegsbedingt nicht eingebracht werden kann.

Apropos Nahrung: Nicht ganz zu Unrecht wird kritisiert, dass heutzutage der hohe Anteil an fleischlichen Produkten ebenfalls die Umwelt belastet, zumal dafür Regenwälder in Südamerika abgeholzt oder gar brandgerodet werden und anderswo Tiere unter unwürdigen Bedingungen gehalten und transportiert werden, um möglichst billiges Fleisch erzeugen zu können. Daran sind wir alle als Konsumenten mitschuldig, wenn wir von den Supermärkten erwarten, dass sie täglich alle frischen Produkte bis zum Ladenschluss vorrätig haben und diese möglichst auch noch billiger als die Mitbewerber anbieten sollen. Geiz ist angeblich ja geil und Unmengen von weggeworfenen Lebensmitteln, deren Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist und die deshalb – auch wenn sie noch in Ordnung sind – nicht mehr verkauft werden dürfen, sind die Folge. Aber Vegetarier (oder gar laktose-intolerante Veganer), die aus angeblichem Mitleid mit den Tieren und der Umwelt auf Fleisch und andere tierische Produkte ganz oder zumindest teilweise verzichten, dafür aber aus aller Welt importierte Sojaprodukte, Jackfruits und dergleichen konsumieren, welche künstlich den Geschmack von Schweinsbraten oder Schnitzeln imitieren, sind meines Erachten auch keine Lösung. Vor 50 oder 60 Jahren war das – zumindest in den Verhältnissen in denen ich aufgewachsen bin – noch ganz anders. Obwohl der Begriff des 'Flexitariers' damals noch gar nicht erfunden war, war es ganz selbstverständlich, dass nicht jeden Tag Fleisch auf den Tisch kommt bzw. dieses oft nur sparsam eingesetzt wurde, wie z.B. in Schinkenfleckerln, die bekanntlich sogar als 'Fleischversteckerl' besungen wurden.

Auch heute kann und SOLLTE jeder Einzelne durch bewussten Verzicht auf diesen oder jenen Luxus, egal ob bei Speisen oder bei unnötigem Ressourcenverbrauch oder ähnlichen, einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung leisten. Das darf aber nicht dazu führen, dass alle Menschen von Politikern oder Gesinnungsterroristen bevormundet werden, die ihre eigene Lebensweise als einzig richtige ansehen. Denn wenn es dem göttlichen Plan entspricht, werden die Lebewesen auf dem Planeten Erde auch ohne menschliches Zutun untergehen, wie dies schon vor zigtausend Jahren bei den Mammuts und Säbelzahntigern und vor zigmillionen Jahren bei den Sauriern der Fall war.

Text und Bild: DDr.cer. Raffael
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
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zuletzt geändert: 15.09.2022 um 13.59 Uhr