Nummer 4/2023
Bierbauch

Im nachfolgenden Beitrag geht es nicht um die Körperfülle, die sich mancher Mann infolge übermäßigen Konsums von Gerstensaft im Laufe seines Lebens anstelle eines Six-Pack aneignet, sondern vielmehr um einen fiktiven Couleurstudenten, der uns die Ehre seines Besuchs gab.

Unser lieber Budennachbar und gerne gesehener Gast Dr.cer. Tacitus (VBW) hat einen guten Freund, der ihn jede Woche einmal zur Mittagszeit besucht und ihm bei Würsteln und Bier seine Gschichterln erzählt. Darin geht es vor allem um seine Erlebnisse als Couleurstudent, aber auch seine beruflichen Erfahrungen in der (Hof)Räte-Republik Österreich oder z.B. um seine Lieblingswitze. Diese Schnurren und Anekdoten hat 'Tacerl' – wie ihn Charly nennt – niedergeschrieben und er hat uns angeboten aus seiner Textsammlung vorzulesen. Dieses Angebot wurde von uns gerne angenommen und so konnten wir am Dienstag, den 18. April 2023 auf unserer Bude dem Vortrag 'Charly Bierbauch, Erzählungen eines Couleurstudenten' lauschen. Wie der Vortragende betonte, handelt es sich bei den Erzählungen um Geschichten, die ihm von seinem fiktiven Freund Charly Bierbauch, der Mitglied e.v. Simplicissima ist, diktiert wurden. Dennoch konnten die Anwesenden in den launigen und äußerst pointierten Beschreibungen Ähnlichkeiten zu manchen konkreten Begebenheiten bzw. Bundes- und Kartellbrüdern erkennen, die sie zum Schmunzeln brachten. Unter den zahlreichen Bekannten von Charly gibt es unter anderen – um nur ein Beispiel zu nennen – einen Reserveoffizier mit Uniformtrageerlaubnis, der als Historiker beim Bundesheer nach den Hinterbliebenen von Gefallenen des ersten Weltkrieges forscht und an deren Witwen sehr verspätete Kondolenzschreiben versendet …

Vor Beginn der Erzählungen wurde als kulinarische Unterlage und zum Füllen unserer (Bier)Bäuche ein von Couleurdame Margarethe nach meinem Geheimrezept zubereiteter 'Spezial-Buden-Bohnen-Gulasch-Eintopf' angeboten, der großen Anklang fand und bis auf den letzten Teller restlos verputzt wurde. Erfreulicherweise war der unterhaltsame Abend gut besucht, wozu auch die Teilnahme von drei Kartellbrüder der Vindobona II beitrug, welche ihrem Bundesbruder nicht nur als moralische Unterstützung begleiteten, sondern die sich sichtlich sehr über die vorgetragenen Geschichten amüsierten, weil wohl auch ihnen die eine oder andere beschrieben Person irgendwie bekannt vorkam. Einmal musste sogar Dr.cer. Tacitus selbst seine Ausführungen wegen eines heftigen Lachanfalls unterbrechen, für den er sich mit den Worten 'ich kenn die ja alle' entschuldigte. Alles in allem war es ein sehr erfolgreicher und vor allem sehr vergnüglicher Abend, der mit einem gemütlichen Beisammensein ausklang. Manche Teilnehmer waren so begeistert, dass sie sogar noch am nächsten Tag in der WhatsApp-Gruppe mitteilten, dass der Vortrag 'absolut spitze' war.

Damit die Abwesenden wissen was sie versäumt haben, hat sich Dr.cer. Tacitus auf mein Bitten bereits erklärt, die nachstehende Einleitung seiner Erzählungen als Leseprobe zur Verfügung zu stellen.

Charly stellt sich vor
Gestatten, mein Name ist Karl Bierbauch v/o Charly. In der Verbindung kurz Charly Bierbauch genannt. Ich wurde irgendwann irgendwo geboren, getauft und von meiner jetzt fast 100 jährigen Mutter aufgezogen. Ich wohne heute noch bei ihr in einer sehr kleinen Wohnung mit Friedenszins. Zimmer. Küche, Kabinett eben. Klo und Wasser am Gang. Geschirrspüler und Mikrowellenherd unbekannt. Das wär ja noch schöner, so ein Luxus. Mein Vater wurde im Krieg für Führer, Volk und Vaterland in Russland erschossen. Trauriges Schicksal!
Da sich meine Mutter jeden Groschen vom Mund abgespart und Tag und Nacht als Schneiderin gearbeitet hat, hat sie mich auf die Mittelschule geschickt. 'Aus dem Buam soll was werden'. So bin ich in der Was-weiß-ich-wo-Gasse in Wien in die Mittelschule gegangen. Die hab ich mit Ach und Krach absolviert, nur in Religion und Turnen war ich sehr gut. Sonst? Naja. Aber die Matura habe ich fast ohne Schummeln geschafft.
In der Oberstufe bin ich zu einer Verbindung gekommen. Es ist die verehrliche Simplicissima mit Sitz in Wien. Eine verbandsfreie Studentenverbindung, also weder MKV noch CV oder so. Du wirst sie in keinem Verzeichnis finden. Gib dir keine Mühe. Sie wurde in der Garnisonsstadt Nirgendwo (heißt jetzt Nitschewo) gegründet. Früher war das in der Monarchie. Das waren noch Zeiten. Gott war hoch und der Kaiser weit weg. Es ließ sich gut leben, vielleicht sogar besser als in der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Unsere Prinzipien sind ähnlich denen, wie sie die katholischen Studentenverbindungen in Österreich haben.
In der Verbindung gefällt es mir sehr gut. Mittlerweile bin ich Mitglied bei fast allen MKV Verbindungen in ganz Österreich. Für die Bänder brauche ich fast einen halben Kasten. Mehr als 10 Stück pro Veranstaltung trage ich nicht. Weil sonst werden alle deppert (schöner gesagt: verwirrt). Die Bierzipfe (Gesamtgewicht 2 Kilo) ziehen mir fast die Hose aus, zumindest herunter. Darum trage ich Hosenträger. Und natürlich Steirerjankerl. Im Winter aus grünem Loden, im Sommer aus hellem Leinen.
Soweit, so gut. Wenn ihr von mir mehr wissen wollt, dann erzähl ich halt weiter.


Vielleicht ergibt sich für den interessierten Leser ja irgendwann eine Gelegenheit die Geschichten von Charly Bierbauch auf irgendeiner anderen Bude zu hören, falls Dr.cer. Tacitus damit auf „Tournee“ geht. Oder – wer weiß – vielleicht diktiert Charly dem Tacerl noch weitere, neue Schnurren, die er dann wieder bei uns vorträgt.
Text und Bild: DDr.cer. Raffael
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 10.05.2023 um 22.53 Uhr