Nummer 6/2023
Henne oder Ei?

Seit Generationen stellen sich Philosophen die Frage was zuerst da war: Die Henne oder das Ei? Wir kennen die Antwort! Und wir wissen auch, was diese Frage mit dem Verbindungsleben zu tun hat.


Schon seit der Antike beschäftigt die Menschen die Frage, ob zuerst das Ei da war, aus dem eine Henne geschlüpft ist oder die Henne, die ein Ei gelegt hat, wobei es dann vermutlich auch noch einen ersten Hahn gebraucht hätte, um das erste Ei zu befruchten – oder? Das Rätsel dieser Kausalkette ist ein Sinnbild für unlösbare Fragen schlechthin. Obwohl es aus rein naturwissenschaftlicher Sicht eigentlich eine sehr einfache Lösung gibt. Wenn man davon ausgeht, dass die biblische Schöpfungsgeschichte nicht wörtlich zu nehmen ist, hat sich jegliches Leben im Laufe einer sehr langen Evolution entwickelt. Im Laufe der Erdgeschichte sind Fische, Reptilien und Saurier wesentlich früher entstanden als Vögel, welche bekanntlich aus den Flugsauriern hervorgegangen sind. Da auch die früher entstandenen Arten zumeist Eier gelegt haben, ist das Ei im Allgemeinen – und somit auch jenes, aus dem nach einer langen Reihe genetischer Veränderungen das erste Huhn geschlüpft ist, im Speziellen – zuerst da gewesen. Das Geheimnis, ob zuerst irgendein eierlegendes Lebewesen oder das erste Ei entstanden ist, werden jedoch auch wir nicht lösen können, denn das ist eine andere Geschichte …

Was diese Einleitung mit unserer Verbindung oder Korporationen im Allgemeinen zu tun hat, wird im Laufe dieses Artikels noch erläutert. Zuerst möchte ich noch eine wirtschaftliche Variante des Henne-Ei-Problems betrachten, die in letzter Zeit für zahlreiche Diskussionen gesorgt hat: Die Lohn-Preis-Spirale. Ausgelöst durch Interviews des Finanzministers und des Obergewerkschafters haben Wissenschafter *) begonnen darüber zu diskutieren, ob es einen Zusammenhang zwischen Lohnerhöhungen und Inflation gibt und wer gegebenenfalls Schuld an dem jeweils anderen Effekt trägt. Während der Minister der Ansicht ist, dass Lohnerhöhungen für die Teuerung zumindest mitverantwortlich sind, behauptet der Gewerkschaftsboss ungeniert, dass diese bloß eine Reaktion auf die gestiegenen Preise wären und keinen Einfluss auf künftige Preissteigerungen hätten. Bei den Lohnverhandlungen gewinnträchtiger Branchen wie der Metallindustrie argumentieren die Arbeitnehmervertreter zumeist damit, dass die Dienstnehmer in erfolgreichen Jahren einen gehörigen Anteil von den Gewinnen der Unternehmen abbekommen sollen, sind aber in Krisenzeiten nie bereit die Verluste mitzutragen oder auch nur auf Lohnerhöhungen zu verzichten. Es ist folglich absolut unrealistisch anzunehmen, dass insbesondere große Unternehmen bzw. deren Geschäftsführer die jährliche Verteuerung der menschlichen Arbeitskraft aus der eigenen Tasche finanzieren und auf eigene Gewinne (sofern überhaupt vorhanden) bzw. auf Dividenden für Aktionäre verzichten, da diese Erträge schließlich die Belohnung für das eingegangene Unternehmerwagnis sind. Daher überrascht es mich, dass es offenbar Experten gibt die den Einfluss der Löhne auf die Teuerung leugnen, zumal ja meist sogar Erhöhungen gefordert und oft auch vereinbart werden, die über der Inflationsrate liegen.

Ein anderer kausaler Zusammenhang wird auch gerne zwischen Kinderbetreuungsplätzen und Frauenarbeitszeit hergestellt. Eine jüngst veröffentlichte Statistik betreffend unter dreijährige Kinder in formaler Betreuung ergab, dass die durchschnittliche Betreuungsquote in der Eurozone bei etwa 40% liegt, während Österreich mit nur 23%, knapp hinter Deutschland und nur vor einigen osteuropäischen Ländern am Ende des europäischen Vergleichs zu finden ist. Daraus schlossen die Redakteure des bald durch Zwangsabgaben subventionierten Rundfunks, dass bei uns der Mangel an Betreuungsplätzen für Kleinkinder die Ursache für die Nachteile der Frauen am Arbeitsmarkt seien. Spitzenreiter in der Statistik sind die skandinavischen Staaten mit einer Quote von bis zu 75% und sogar die südeuropäischen Länder liegen mit ca. 30% bis 50% im Mittelfeld und damit deutlich vor Österreich. Das machte mich stutzig, da in Südeuropa bekanntlich nicht nur die Infrastruktur meist schlechter ausgebaut ist, sondern weil dort auch die traditionellen Rollenbilder der Familie noch wesentlich stärker verankert sind, als bei uns. Bei näherer Betrachtung der Statistik stellte sich heraus, dass dieser die formale Betreuung von Kleinkindern für mindestens eine Stunde pro Woche zugrunde liegt. In vielen Ländern gibt es nämlich gar keinen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz oder höchstens für wenige Wochenstunden, insbesondere wenn zumindest ein Elternteil nicht erwerbstätig ist. Die geringfügige Fremdbetreuung in anderen Ländern verschafft somit keinesfalls – wie behauptet – den Frauen einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt, vielmehr stellt sich die Frage, ob dieser überhaupt erwünscht ist. Außerdem wurden bei der Studie die Kosten für die Kinderbetreuung außer Haus gänzlich vernachlässigt. Während diese in Österreich und Deutschland durchschnittlich nur 5% betragen und insbesondere in Wien die meisten Kinder überhaupt kostenlos betreut werden, müssen die Eltern in anderen europäischen Ländern bis zu 50% des durchschnittlichen Einkommens der Frau für einen Betreuungsplatz bezahlen. In der erwähnten Statistik gleicht also nicht ein Ei dem anderen, sondern es wurden Äpfel mit Birnen verglichen.

Bleiben wir daher gleich beim Thema Landwirtschaft. Nicht nur Hennen werden in Massentierhaltung gezüchtet, sondern auch Schafe und Rinder. Diese Wiederkäuer sind Vegetarier und erzeugen bei der Verdauung ihrer pflanzlichen Nahrung Methan, welches sie durch Rülpsen und Pfurzen freisetzen. Dieses Treibhausgas ist neben CO2 eine der Hauptursachen für die Erderwärmung und den Klimawandel, weshalb Umweltschützer die Fleischproduktion gerne verteufeln. Dabei übersehen sie jedoch einige Aspekte, die ebenfalls eine Rolle spielen. Nicht nur Zuchttiere, die der menschlichen Ernährung dienen, produzieren Methan, sondern natürlich auch vergleichbare Wildtiere wie Bisons, Gnus und viele mehr. Sogar Termitenbauten verursachen angeblich einen sehr hohen Methanausstoß. Von den durch Menschen verursachten Methan-Emissionen entfällt zwar etwas mehr als die Hälfte auf die Landwirtschaft, aber bei weitem nicht alles auf die Viehzucht. So trägt unter anderem auch der Reisanbau sehr wesentlich zur Produktion dieses Treibhausgases bei. Betrachtet man den globalen Fleischkonsum wird oft kolportiert, dass dieser in den reichen Ländern pro Kopf wesentlich höher ist, als in den ärmeren Regionen, was zweifellos stimmt. Die knapp 20% der wohlhabenderen Weltbevölkerung verzehren rund ein Drittel der Weltmarktproduktion, was aber im Umkehrschluss bedeutet, dass dennoch rund zwei Drittel des Fleischkonsums von den Entwicklungsländern verursacht wird. Da aber die Fleischproduktion in Europa jedoch wesentlich umweltbewusster als z.B. in Nord- und Südamerika oder in Indien, das auch zu den größten Rindfleischproduzenten zählt – weil die Rinder nur für Hindus heilig sind, aber von Moslems massenhaft gezüchtet und geschlachtet werden – würden weitere Hindernisse für die heimische Landwirtschaft auf Umwegen über den Weltmarkt mehr Schaden, als Nutzen anrichten. Abgesehen davon werden auch bei Naturereignissen wie Vulkanereignissen, Waldbränden oder dem Abschmelzen der Gletscher und dem Auftauen der Permafrost-Böden große Methanmengen freigesetzt, die ihrerseits den Effekt der Erderwärmung beschleunigen. Tatsache ist, dass es Methan schon immer auf der Erde gegeben hat und dieses oft auch in großen Mengen durch Naturereignisse freigesetzt wurde, lange bevor der Mensch zu diesem Kreislauf beigetragen hat.

Doch kommen wir zurück zur Frage von Ursache und Wirkung in einem kleineren Bereich den wir auch selbst wirklich aktiv mitgestalten können. Betrachtet man Verbindungsveranstaltungen wird man – sicher nicht nur bei uns – feststellen können, dass nur manche sehr gut besucht sind, während sich bei vielen anderen nur der harte Kern, bestehend aus Chargen und einigen wenigen treuen Bundesbrüdern, versammelt. Was ist daran schuld? Ist die Programmgestaltung durch den ChC so schlecht, dass vielen Mitgliedern die Lust auf einem Budenbesuch vergeht oder ist das Interesse des Großteils der Bundesbrüder so gering, dass sich der ChC nicht traut ein anspruchsvolles Programm zu erstellen, weil nichts peinlicher ist, als z.B. einen prominenten Vortragenden oder Festredner mit einer höchst bescheidenen Corona zu konfrontieren? Hier kannst DU uns helfen! Im Namen des gesamten ChC bitte ich ALLE Bundesbrüder und interessierte Leser um Rückmeldung an blech-bote@aon.at oder gerne auch an chc@tegetthoff-wien.at bzw. phil-xx@koel-carolina.at was wir tun können, um das Programm für EUCH attraktiver zu gestalten und auch DICH wieder zu einem Veranstaltungsbesuch in der Blechturmgasse zu motivieren. Dieses Henne-Ei-Problem können wir nämlich nur mit DEINER Hilfe lösen.
Text und Bild: DDr.cer. Raffael

*) Anstelle des Wortes 'Wissenschafter', wird in der neuen deutschen Rechtschreibung (und damit in der Rechtschreibkorrektur der meisten Textverarbeitungsprogramme) das Wort 'Wissenschaftler' verwendet. Laut Duden handelt es sich bei der Form ohne dem Buchstaben 'L' um eine (veraltete) schweizerische und österreichische Variante. Zu meiner Schulzeit habe ich gelernt, dass die Wortendung '-ler' einen abwertenden Beigeschmack hat (vgl. z.B. Postbeamter vs. Postler) weshalb ich die althergebrachte österreichische Schreibweise bevorzuge.
Kontakt für allfällige Rückmeldungen:
blech-bote@aon.at

zuletzt geändert: 25.07.2023 um 22.53 Uhr